Geologische Besonderheiten mit eigenwilliger Flora und Fauna

    Die unmittelbare Umgebung unserer Orte weist einige Besonderheiten auf. Die hügeligen Erhebungen, die unvermittelt aus den Feldern ragen und von denen die Schwellenburg in Kühnhausen die größte und bekannteste ist, prägen die Landschaft. Wir wollten erfahren, welche geologischen Besonderheiten das sind, zu denen wir Spaziergänge unternehmen und von deren Gipfeln man einen herrlichen Ausblick hat.

    Wir sind mit Ingenieur Hendrik Voigtritter unterwegs – einem ausgewiesenen Kenner der landschaftlichen Charakteristika. Er hat unserem Wunsch entsprochen und erklärt uns die geologischen Formationen der näheren Umgebung. Seine Kollegin Manuela Reuter wiederum weiß, was in Sachen Schutz von Insekten und Vögeln wichtig ist.

    Wir beginnen unseren Streifzug am Speicher unterhalb der Flur ‚In den Börnern‘ zwischen Elxleben und Witterda, auf der Erfurt zugewandten Seite gelegen. Dort soll in absehbarer Zeit ein Biotop als ökologische Ausgleichsmaßnahme für die neuen Elxlebener Baugebiete geschaffen werden. Börner sind Wasserquellen. Das Wasser aus der Fahnerschen Höhe tritt an den Stellen an die Oberfläche, wo es auf Ton trifft. Während der Muschelkalk das Wasser leitet, bleibt es auf den tonigen Böden des Keupers an der Oberfläche stehen. Diese vernässten Ackerböden sind für die Landwirte schwierig zu bearbeiten. Aus diesem Grund ist eine ökologische Aufwertung hier ausgesprochen sinnvoll. (Mehr Infos hier.)

    Und so präsentiert sich die Landschaft: Gipskeuper-Erhebungen, bestanden mit Steppenrasen und Büschen von Feldern umgeben. Die Ausläufer der Fahnerschen Höhen bilden einen optischen Rahmen. Der Muschelkalk, auch als Heldburggips bezeichnet, wurde hier einst in verschiedenen Steinbrüchen abgebaut, gemahlen und gebrannt und war u.a. als ‚Elxlebener Sparputz’ ein begehrtes Baumaterial. (Mehr Infos hier.) Stillgelegte Steinbrüche befanden wir in unserer Kindheit als ideale Orte zum Spielen und Verstecken. Die Verbote der Erwachsenen basierten auf der Angst, dass wir in den vielen durch Auswaschungen entstandenen Höhlen wohl zu Schaden hätten kommen können.

    Heute sind die meisten der einstigen Steinbrüche verfüllt, teils mit Asche aus dem ehemaligen Gisperslebener Heizkraftwerk, teils mit Bauschutt. Fragmente der Gesteinsformationen aber sind noch erkennbar. Inzwischen hat die Vegetation dafür gesorgt, dass die Keuper-Hügel wieder homogen aus dem Boden ragen und wie Solitäre in der Landschaft stehen – und unter Naturschutz. Denn sowohl für Pflanzen als auch Tiere sind sie ein ganz besonderes Habitat – ideal zum Beispiel für Zauneidechse und Adonisröschen.

    Die Hügel werden teilweise beweidet, damit die Vegetation licht gehalten wird. Nur dann hat die Artenvielfalt der Flora eine Chance, bestehen bleiben zu können. Würden Schafe und Ziegen hier nicht nach Futter suchen, hätten sich innerhalb kurzer Zeit Büsche und Bäume des Areals bemächtigt und die Bereiche würden in der Endkonsequenz bewaldet sein. Dann wäre z.B. dem Neuntöter und dem Steinschmätzer – Vögel, die Offenland mit dornigen Sträuchern brauchen – die Lebensgrundlage genommen. Der Neuntöter spießt Insekten, kleine Vögel und Mäuse auf Dornen oder spitze Zweige auf, um so seine Beute zu sichern und dörren zu können. Der Weißdornbusch ist für ihn ideal. Die Dornen verhindern zudem, dass die Nester vor Mardern und anderen Feinden geplündert werden.

    Auch Sanddornsträucher gibt es hier und unzählige andere Pflanzenarten wie unsere Bilder exemplarisch zeigen. Submediterrane und kontinentale Pflanzenarten geben sich ein Stelldichein. Wolliger Ziest, Lichtnelke, Blauer Natternkopf, Seifenkraut, Zypressenwolfsmilch, verschiedenste Gräserarten u.v.a. m. prägen das Bild. Der Klee, den wir finden, schätzen die beiden Landschaftsexperten als ungünstig für den Trockenrasen ein, weil er sich zu schnell ausbreitet. Allerdings ist er gut für die Insekten. Und so hat auch in der Natur alles sein Für und Wider.

    Diese unter Naturschutz stehende Landschaft ist ‚menschengemacht‘ – anthropogen – wie der Fachbegriff dafür lautet. Landwirtschaft, Gesteinsabbau und andere wirtschaftliche Nutzungen haben über Jahrzehnte und Jahrhunderte Spuren hinterlassen. Die Millionen Jahre alten geologischen Formationen korrespondieren mit Vegetation und Tierbestand, die vom Menschen beeinflusst sind.

    Vom Abbau des Gesteins sind noch einige wenige Spuren zu finden, auch wenn die Steinbrüche weitestgehend verfüllt sind. So sehen wir noch gemauerte Eingänge in unterirdische Lager für Sprengstoffe, die erforderlich waren, um das Gestein aus den Hügeln zu lösen. Höhlenartig ausgewaschene Bereiche bieten wohl so manchem Tier ein Zuhause. Früher soll es hier sogar Bären gegeben haben, erfahren wir. (Davon zeugt ein Höhlenbärenschädel im Naturkundemuseum in Erfurt.)

    Autor: B. Köhler   Fotos: S. Forberg, B. Köhler

    Blick auf die Schwellenburg bei Kühnhausen

    Die Schwellenburg und weitere Gipskeuperhügel ragen unvermittelt aus der Ebene.

    Typische Gesteinsformation des Heldburggipses ragt aus dem Trockenrasen.

    Reste industrieller Nutzung z.B. für Sprengstofflager

    Gräser gibt es hier in großer Vielfalt.

    Auf der Grünen Fläche befand sich lange Zeit eine Obstplantage.

    Hendrik Voigtritter und Kollegin Manuela Reuter

    Grobkristalliene Struktur des Gipsgesteins

    Der Ringelberg, auf der rechten Seite der Witternder Chaussee gelegen

    Wolliger Ziest

    Blauer Natternkopf

    Windenarten sind häufig an Ackerrändern anzutreffen

    Kratzbeere

    Acker-Witwenblume, gut für Insekten

    Kugeldistel

    Klatschmohn als Pflanze des Ackerrandes

    Flockenblumen

    Zypressenwolfsmilch

    Verschiedenen Schneckenarten finden hier Lebensraum

    Schafgarbe, auch als Heilpflanze bekannt

    Seifenkraut

    Gelber Steinklee

    Distelsorten dienen als Futtergrundlage für Insekten

    Schafgarbe

    Kamille am Ackerrand

    Sanddornsträucher

    Weißdorn

    Höhlenartige Auswaschungen

    Blütenreicher Ackerrandsaum mit hoher ökologischer Bedeutung

    Zustand von Steinbrüchen ohne Beweidung s.g. Verbuschung

    Die Pappeln haben die Trockenheit nicht verkraftet.

    Steppenvegetation, die Flächen werden beweidet, damit die Büsche sich nicht ausbreiten.

    Blick Richtung Friedrichsdorf

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